Wer bin ich? Was ist meine Identität? Wie gehe ich mit Veränderungen in der Welt um? Fragen, die viele von uns beschäftigen. Hier werden zwei grundsätzliche Reaktionsweisen vorgestellt und auf Basis der Systemtheorie und Quantentheorie bewertet.
Dein Umfeld, die Welt verändert sich. Neue Daten, neue Zusammenhänge, neue Möglichkeiten entstehen immer schneller und fordern uns zum Abruf auf. Wir ertrinken in den Möglichkeiten dieser Welt. Wir ertrinken in den bereitgestellten Informationen, die wir zu unserem Wissen machen können, dürfen, sollen, müssen, …?
Die entscheidende Frage ist, wie du dieser Veränderung begegnest. Wie gehst du mit den neuen Informationen um? Wie bleibst du, in einer sich verändernden Welt, wer du bist? Wie bewahrst du deine Integrität, deine Struktur, deine Identität?
Jeder von uns hat Wirklichkeitskonstruktionen, d. h. er hat sein Bild von der Welt. Wie sie funktioniert, was wichtig ist, was unwichtig ist, wer welche Rolle spielt, was von ihm erwartet wird. Jeder konstruiert sich Wirklichkeit selbst. Jeder hat sein persönliches „Wissen“ von seiner Welt. Dieses Wissen ist ein wesentlicher Bestandteil seiner Sicherheit, seiner Orientierung, seines Selbstverständnisses, seiner Identität.
Da haben wir die zwei Seiten des Problems. Die eine Seite ist eine Welt in Veränderung. Die andere Seite ist ein Selbst, dass Sicherheit und Orientierung in seiner Identität sucht und dazu passendes Wissen ansammelt.
Veränderung (neue Informationen, unbekannte Lernfelder) trifft auf Stabilität (bestehendes Wissen). Der größte Feind des Lernens ist das Wissen. Wer glaubt zu wissen, lernt nicht. Wer glaubt zu wissen, stellt Bestehendes nicht in Frage, der verlernt nichts mehr.
Auf Basis dieser Ausgangssituation hast du zwei grundlegende Reaktionsweisen zur Verfügung:
Du kannst dich auf eine Insel der Stabilität, Sicherheit, mit wenig Veränderung zurück ziehen. Du stehst Veränderung – außerhalb deiner Insel – offen gegenüber (bei den Anderen ist Veränderung wichtig). Veränderungen für dich oder dein direktes Umfeld (deine Insel) sind jedoch tabu. Das gilt auch für berufliche Veränderungen. Veränderungen bei anderen ist Pflicht und Chance, Veränderungen auf deiner Insel definierst du als Gefahr und Risiko. Lernen bedeutet für dich, die Bestätigung deines Wissens.
Margaret J. Wheatley schreibt in ›Quantensprung der Führungskunst‹ so treffend:
»Wir glauben, dass wir uns unsere Identität, unsere Selbständigkeit nur bewahren können, wenn wir uns vor jeglichen Einflüssen von außen schützen. Wir neigen zu der Annahme, dass wir uns durch Abschottung und klare Grenzziehung unsere Individualität am besten erhalten können.«
Mit dieser Reaktion versuchst du – durch noch mehr Stabilität, noch mehr Kontrolle, eine noch höhere Fixierung auf den Status Quo – dich vor der Veränderung zu schützen. Du bist der Kapitän der Titanic, der auf dem sinkenden Schiff darauf hinweist, dass das Schiff noch nie gesunken ist (deine Erfahrung), als „unsinkbar“ gebaut wurde (dein Wissen) und somit per Definition nicht sinken kann (deine Wirklichkeitskonstruktion).
Die andere Reaktion ist, sich als Teil des ganzen Systems zu betrachten. Offen zu sein für neue Situationen, neue Anforderungen, die Herausforderungen (da steckt das Wort ›heraus‹, also raus aus der Komfortzone, drin, im Sinne von „das alte Wissen heraus fordern“) erkennen und sie aktiv gestalten. Veränderungen beziehst du zuerst auf dich und dein Umfeld, die Verantwortung für die Veränderungen liegt bei dir. Veränderungen bedeuten für dich neue Anforderungen, und neue Chancen. Lernen in diesem Kontext ist die Infragestellung deines Wissens, die Offenheit für neue Möglichkeiten, neue Gegebenheiten, neue Wahrheiten. Wesentlicher Bestandteil ist ein Verlernen und Entlernen.
Margaret J. Wheatley wieder:
»In der Welt sich selbst organisierender Strukturen aber erfahren wir, dass sinnvolle Abgrenzungen gerade durch eine Öffnung nach außen entstehen. Durch den Prozeß des ständigen Austauschs mit seiner Umgebung entwickelt das System paradoxerweise eine größere Unabhängigkeit von den Anforderungen dieser Außenwelt.«
Als Teil des Systems zu reagieren, gibt dir Gestaltungsspielraum (neues Wissen schafft neue Wege). Du nutzt den Gestaltungsspielraum optimal, wenn du dir deiner Integrität, deiner Struktur und deiner Fähigkeiten, Kenntnisse bewusst bist. Mit dieser Basis schaffst du aus den neuen Situationen neue Wege, die es vorher nicht gab, du schaffst dir eine neue Identität. Dein Motto:
»Nur wer sich verändert, bleibt sich treu.«
Es bleibt dir überlassen, wie du auf die komplexer werdende Welt reagierst. Ob du auf eine „gedankliche“ Insel ziehst oder ob du aktiv in dem System lebst und damit das Neue mitgestaltest. Unabhängig von deinem Verhalten, verändert sich die Welt, dein Umfeld.
Heinz von Förster (‚Über das Konstruieren von Wirklichkeiten‘, S. 41) sagte es so schön prägnant:
»Handle stets so, dass die Anzahl der Wahlmöglichkeiten größer wird!«