Work-Life-Balance – ein positiver Begriffin unserer Kultur. Wer ihn ausspricht zeigt seine bewusste Art das Leben zu gestalten. Das verhängnisvolle an Work-Life-Balance: Zuerst kommt ›Work‹, danach ›Life‹. Die Arbeit als oberstes Prinzip, danach das Leben. Wäre nicht ›Life-Work-Balance‹ angemessen?
Leben und Arbeiten, kein neues Thema. Kierkegaard schrieb in seinen ‚Philosophischen Schriften‘.
»Was ist denn überhaupt die Bedeutung des Lebens? Die Menschen zerfallen in zwei große Klassen: die einen müssen arbeiten, um zu leben, die anderen haben das nicht nötig. Aber die Bedeutung des Lebens kann nicht darin liegen, dass man arbeitet, um zu leben. Das wäre ja ein Widerspruch, denn das hieße, dass die Produktion der Bedingungen die Antwort sein soll auf die Frage nach der Bedeutung des Bedingten. Das Leben der übrigen hat keine andere Bedeutung als die: die Bedingungen zu verzehren. Sagt man, dass im Sterben die Bedeutung des Lebens liege, so scheint das abermals ein Widerspruch zu sein.«
Du kannst dich fragen, ob du zur Klasse der Menschen zählst, die arbeiten, um zu leben – oder zur Klasse, die arbeiten nicht nötig haben.
Zu arbeiten bringt viele Vorteile, hier einige:
- du musst dir keine Gedanken machen, was du mit deiner Zeit anfängst
- du kannst dich über deine Arbeit definieren, wer du bist, bestimmst deine Berufsbezeichnung
- du verdienst Geld, um dich dem Konsum widmen zu können
- du arbeitest, weil diese Form der Zeitnutzung in unserer Gesellschaft Anerkennung bringt
- du steigerst dein Pseudo-Selbstwertgefühl, wenn du in der Arbeit höhere Positionen erreichst
- du hast eine wunderbare Ausrede für all die Dinge, die nicht tun brauchst, weil du durch die Arbeit keine Zeit hast
- du kannst verschiedene Laster haben (Alkohol, Rauchen, …), die Anderen tolerieren es, so lange du voll arbeitsfähig bist
Ehrlicher Weise steht dann auf dem Grabstein:
„Lebte, um zu arbeiten!“ oder „Erfüllte die Work-Life-Balance ausgezeichnet!“
Wenn in unserer Gesellschaft ein Herzinfarkt eine Auszeichnung für Manager ist, ein bewältigter Burn-out die Leistungsfähigkeit deutlich macht und wir fast alles unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit (Kosten-Nutzen-Abwägung) betrachten, dann leben wir in einer falschen Welt.
Ein erster Schritt hin zu einem richtigeren Leben wäre:
- weniger konsumieren
- weniger arbeiten
- Dinge reparieren
- Lebensmittel selbst anpflanzen
- Gemeinschaften pflegen
Work-Life-Balance, ein schreckliches Wort. Es erscheint unscheinbar und verschiebt doch deine Priorität weg vom Leben, hin zur Arbeit. Die Entscheidung liegt bei dir, lebst du, um zu arbeiten – oder arbeitest du um zu leben? Kennst du den Unterschied?