Was dürfen wir?

„So verstanden geht es nicht nur um die Fragen. Was dürfen wir erforschen? Dürfen wir das Machbare herstellen? Sondern um diese: Welche Gegenkräfte und Katastrophen setzen wir in Gang, wenn wir das Machbare angesichts der menschlichen Unvollkommenheiten in Angriff nehmen? Gefährlich ist nicht der forschende Mensch, der das Machbare erweitert, sondern der, der dabei seine Unvollkommenheit nicht wahrhaben will und gedankenlos Gegenkräfte mobilisiert, die stärken sind als die überwundenen. Nicht der Unwissende, sondern der nicht um seine Unwissenheit wissende Mensch ist der von Sokrates verachtete. Dies war der Kern seiner Weisheit, die er in seiner großen, von Platon geschilderten Verteidigungsrede – seiner “Apologie„ – darlegte: “Verglichen mit diesem Menschen, bin ich doch weiser. Wahrscheinlich weiß ja keiner von uns etwas Rechtes; aber der glaubt, etwas zu wissen, obwohl er es nicht weiß; ich dagegen weiß zwar auch nichts, glaube aber auch nicht, etwas zu wissen. Um diesen kleinen Unterschied bin ich also offenbar weiser, dass ich eben dies, was ich nicht weiß, auch nicht zu wissen vermeine.„ (Die bekannte Kurzformel: “Ich weiß, dass ich nichts weis„, verharmlost das Problem).“

Welch‘ starke Darstellung zum Thema Unwissenheit!

Die Philosophie der Weisheit, Frieder Laumann, S. 36-37