Etwas wagen, wagemutig sein – wieder so ein altes, fast vergessenes Wort. Und mit den Worten verschwindet auch das Tun. Oder umgekehrt, wenn das Tun verschwindet, verschwindet auch das Wort.
Was bedeutet „Wagemut“?
Ich habe mich gefragt, was Wagemut bedeutet. Das digitale Wörterbuch der deutschen Sprache sagt: Wagemut kommt von wagen und Mut. »wagen« steht für: „etw. mutig, die Gefahr nicht scheuend, tun, etw. riskieren“ oder: „etw. selbst auf die Gefahr des Verlustes hin daransetzen, um den Ausgang eines Unternehmens für sich zu entscheiden“. Schiller beschreibt es so.
»Wage deinen Kopf an den Gedanken, den noch keiner dachte. Wage deinen Schritt auf die Straße, die noch niemand ging. Auf dass der Mensch sich selber schaffe, und nicht gemacht werde von irgendwem oder irgendwas.«
»Mut« wird im Duden so definiert: „Fähigkeit, in einer gefährlichen, riskanten Situation seine Angst zu überwinden; Furchtlosigkeit angesichts einer Situation, in der man Angst haben könnte“ oder „[grundsätzliche] Bereitschaft, angesichts zu erwartender Nachteile etwas zu tun, was man für richtig hält“ Etwas tun, was man für richtig hält, obwohl es eine Gefahr bedeutet. Das ist also Wagemut!
Synonyme für Wagemut
Beherztheit, Eifer, Feuer, Mut, Wagemut, Furchtlosigkeit, Heldentum, Heldenmut, Kühnheit, Mannhaftigkeit, Mut, Risikobereitschaft, Tapferkeit, Unerschrockenheit, Vermessenheit, Verwegenheit, Waghalsigkeit; (bildungssprachlich) Heroismus; (umgangssprachlich) Mumm, Schneid; (leicht abwertend) Tollkühnheit; (veraltend) Herzhaftigkeit, Unternehmungsgeist, Abenteuerlust Das Wort Wagemut kommt in folgendem textlichen Umfeld vor:
Wagemut nur für Kinder?
Wagemut ist doch ein tolles Wort, es hat soviel Kraft. Doch es ist schon fast verschwunden. ›Mut‹ beginnt ganz langsam zu verschwinden. Kleinen Kindern sprechen wir noch Mut zu. Auch sprechen wir Gruppen Mut (siehe dazu mal bei Google Trends) zu. Aber einzelnen Erwachsenen? Oder wann hast du zu letzten Mal zu einem Kind gesagt: „Das war aber mutig!“ – und wann zu einem Erwachsenen?
Wer nicht wagemutig ist, verliert sich selbst
Und zurück zu Schiller, wer wagt gewinnt. Er gewinnt sich selbst, er erschafft sich selbst. Wer nichts wagt, nur die ausgetretenen Wege geht, verliert seinen Weg, verliert sich selbst.
Wie stark uns die Vergangenheit begrenzen kann
Manchmal haben wir uns so an die Gegenwart gewöhnt, dass wir die Möglichkeit wagemutig zu sein, gar nicht mehr erkennen. Wir haben unbewusst resigniert. Jeden Gedanken an eine Veränderung des Status quo lehnen wir ab, bevor er sich richtig entfalten konnte (aus dem wundervollen Buch von Jorge Bucay: Komm, ich erzähl dir eine Geschichte).
»Als ich ein kleiner Junge war, war ich vollkommen vom Zirkus fasziniert, und am meisten gefielen mir die Tiere. Vor allem der Elefant hatte es mir angetan. Wie ich später erfuhr, ist er das Lieblingstier vieler Kinder. Während der Zirkusvorstellung stellte das riesige Tier sein ungeheures Gewicht, seine eindrucksvolle Größe und seine Kraft zur Schau. Nach der Vorstellung aber und auch in der Zeit bis kurz vor seinem Auftritt, blieb der Elefant immer am Fuß an einen kleinen Pflock angekettet. Der Pflock war allerdings nichts weiter als ein winziges Stück Holz, das kaum ein paar Zentimeter tief in der Erde steckte. Und obwohl die Kette mächtig und schwer war, stand für mich ganz außer Zweifel, daß ein Tier, das die Kraft hatte, einen Baum mitsamt der Wurzel auszureißen, sich mit Leichtigkeit von einem solchen Pflock befreien und fliehen konnte.
Dieses Rätsel beschäftigt mich bis heute. Was hält ihn zurück? Warum macht er sich nicht auf und davon? Als Sechs- oder Siebenjähriger vertraute ich noch auf die Weisheit der Erwachsenen. Also fragte ich einen Lehrer, einen Vater oder Onkel nach dem Rätsel des Elefanten. Einer von ihnen erklärte mir, der Elefant mache sich nicht aus dem Staub, weil er dressiert sei. Meine nächste Frage lag auf der Hand: »Und wenn er dressiert ist, warum muß er dann noch angekettet werden?« Ich erinnere mich nicht, je eine schlüssige Antwort darauf bekommen zu haben.
Mit der Zeit vergaß ich das Rätsel um den angeketteten Elefanten und erinnerte mich nur dann wieder daran, wenn ich auf andere Menschen traf, die sich dieselbe Frage irgendwann auch schon einmal gestellt hatten. Vor einigen Jahren fand ich heraus, daß zu meinem Glück doch schon jemand weise genug gewesen war, die Antwort auf die Frage zu finden: Der Zirkuselefant flieht nicht, weil er schon seit frühester Kindheit an einen solchen Pflock gekettet ist.
Ich schloß die Augen und stellte mir den wehrlosen neugeborenen Elefanten am Pflock vor. Ich war mir sicher, daß er in diesem Moment schubst, zieht und schwitzt und sich zu befreien versucht. Und trotz aller Anstrengung gelingt es ihm nicht, weil dieser Pflock zu fest in der Erde steckt. Ich stellte mir vor, daß er erschöpft einschläft und es am nächsten Tag gleich wieder probiert, und am nächsten Tag wieder, und am nächsten . . .
Bis eines Tages, eines für seine Zukunft verhängnisvollen Tages, das Tier seine Ohnmacht akzeptiert und sich in sein Schicksal fügt. Dieser riesige, mächtige Elefant, den wir aus dem Zirkus kennen, flieht nicht, weil der Ärmste glaubt, daß er es nicht kann. Allzu tief hat sich die Erinnerung daran, wie ohnmächtig er sich kurz nach seiner Geburt gefühlt hat, in sein Gedächtnis eingebrannt. Und das Schlimme dabei ist, daß er diese Erinnerung nie wieder ernsthaft hinterfragt hat. Nie wieder hat er versucht, seine Kraft auf die Probe zu stellen.«
Wozu führt dich Wagemut?
Wagemut führt zur Wahrnehmung deiner Selbstwirksamkeit, deiner Eigenmacht. Sie erweitert deinen wahrgenommenen Handlungsspielraum. Du gestaltest dein Leben und erfährst Resonanz mit deinem Umfeld. Du spürst dich, du spürst deine Umwelt. Mit Wagemut eröffnest du dir die Möglichkeit den Sinn deines Lebens selbst zu gestalten und direkt zu erfahren.
Abschlussfrage
Bist du wagemutig? Vor welchen Situationen verlierst du deinen Wagemut? Welchen Status quo stellst du gar nicht mehr in Frage?