Eine kurze Quizfrage vorab: Was ist das? Es repariert sich selbst, hat eine Laufleistung von 70 bis 100 Jahren (im Durchschnitt), besitzt ein skalierbares Rückmeldesystem, kann über seine Inputsysteme Millionen von Informationen gleichzeitig aufnehmen und besteht zu knapp 70 % aus Wasser?
Sicherlich weißt Du es bereits. Für alle, die noch weiter raten wollen hier zusätzliche Hinweise. Manche betrachten es als Maschine, deren Leistungsfähigkeit es zu erhalten gilt. Manche betrachten als Problem, und versuchen es von Außen reparieren oder optimieren zu lassen. Manche betrachten es als Quelle ihrer Unzufriedenheit und schämen sich dafür. Und Manche nutzen dessen äußerlichen Merkmale, um unterschiedliche Klassen und Wertungen einzuführen.
Die Antwort
Du kennst die Antwort – das Es ist unser Körper! Eine kurze Auflösung zur Quizfrage.
- Der Körper ist so genial, dass er sich selbst repariert. Wir sehen das am besten an der eigenen Haut. Ein Kratzer? Schwups, wieder weg!
- Der Mensch wird im Schnitt 70 bis 100 Jahre alt.
- Der Körper meldet jeden Schmerz sofort, wenn keine Veränderung eintritt, eskaliert der Körper die Rückmeldung und weitet es aus.
- Über Hören, Sehen, Fühlen usw. nimmt jeder von uns unzählige Informationen gleichzeitig auf. Das Gehirn selektiert dann das, was wir uns bewusst werden – und was nicht.
- Ja, wir bestehen zu ca. 70 % aus Wasser (manche sprechen von 60-70 %).
Zu den zusätzlichen Hinweisen:
- Leistungsfähigkeit: Das sind Menschen, die alles Tun, damit sie ihre tägliche Leistung erbringen können. Sie essen Dinge, die ihre Leistungsfähigkeit steigern, treiben Sport, um fit zu bleiben usw.
- Problem: Schönheitsoperationen und Fettabsaugungen zählen ebenso dazu, wie Make-up usw.
- Schämen: Diese Menschen verstecken ihren Körper, sie ziehen sich nicht vor anderen aus, sie baden nicht nackt. Sie halten ihren Körper für etwas Schlechtes (ganz im Sinne der christlichen Ethik).
- Unterscheidung und Wertungen: Schwarze und Weisse, Dicke und Dünne, Große und Kleine usw.
Eine falsche Grundannahme
Viele Menschen glauben, sie haben einen Körper. So wie sie ein Handy haben, oder eine Auto oder eine Hose. Der Körper als etwas, was einem gehört und was jemand mit sich rum trägt. Das Blöde dabei ist nur, dass es dafür kein Update gibt oder kein Rückgaberecht, jeder hat seinen Körper – so der Glaubenssatz. Sind Menschen nun damit unzufrieden, so greifen sie zu Maßnahmen, um diesen Körper wie einen Gegenstand an ihre Erwartungshaltung (und die von ihrem relevanten Umfeld) anzupassen. (siehe oben).
Kein Mensch hat einen Körper. Jeder Mensch ist sein Leib, er ist sein äußerlicher, sichtbarer Ausdruck in der Welt. Er ist sein Resonanzraum für den Austausch untereinander. Der Leib ist der Raum, der Erleben in der Welt ermöglicht. Und wie jeder Leib unterschiedlich ist, ist jedes Erleben unterschiedlich. Erst durch den Leib werden ich für andere sicht- und wahrnehmbar. Der Leib drückt über die Lebensjahre mein Sein in sichtbarer Weise aus.
»So verstanden ist der Leib das Ganze der Gestimmtheiten und Gebärden, in denen der Mensch sich selbst als die ihrer selbst bewußte und zugleich die Welt erlebende und in ihr handelnde Person fühlt, ausdrückt und darstellt, in Raum und Zeit besteht oder untergeht, sich zum wahren Selbst hin verwirklicht oder verfehlt.
Nicht etwas nur »innerlich«, sondern im Leibe als der Weise, in der man als Person in der Welt sichtbar und greifbar da ist , ist man auf dem rechten Weg oder nicht, ist man der Situation gewachsen oder nicht, ist man stark oder schwach, im Gleichgewicht oder labil, dem Leben gegenüber offen oder verschlossen, hell oder dunkel, mit oder ohne »Strahlung« , freundlich oder feindlich u. a. m. Im Leibe auch erkennt man sich selbst als richtig oder falsch »da«, im Hinblick auf welches innere oder äußere Ziel es auch sei.. Alle Selbstwahrnehmung ist ein Innesein seiner selbst im Leib. Daß Selbswahrnehmung nicht nur »über den Leib läuft« , sondern Selbstwahrnehmung als Leib sein kann, davon wissen wir viel zuwenig. Wir leben zwar in diesem Innesein, aber nicht bewußt aus ihm heraus und auf es hin. So wie es auch ein großer Unterschied ist zwischen der Tatsache, daß wir immer »im Zen« leben und der unendlichen Aufgabe, uns so zu entwickeln, daß wir aus ihm heraus leben.«
Karlfried Dürckheim
Die Ursache des Denk-Fehlers
Die Welt sinnlich, leiblich zu erfahren, dies erlauben wir noch ganz kleinen Kindern. Doch je älter die Kinder werden, desto feindlicher definieren wir den Leib als Ganzes. Mehr und mehr verliert der Leib seinen Eigensinn und wird als Objekt betrachtet. Er muss in jungen Jahren trainiert werden, er darf sich in jungen Jahren noch bewegen – doch mit dem Kindergarten beginnend wird diese Bewegungsfreiheit immer mehr eingeschränkt und zeitlich und räumlich reduziert.
Mit der Abwertung des Leibes erfolgt zeitgleich eine Förderung des Denkens. Denken im Sinne von Wiederholen, was andere bereits gedacht haben (Schule, Ausbildung, Studium) und der Fixierung des Leibes auf einen Stuhl (Schule, Ausbildung, Studium).
»Wir werden schon als Kinder dazu gebracht, die Welt über das Denken wahrzunehmen, zu verstehen und zu interpretieren. Der Wert des sinnlichen Erlebens spielt eine untergeordnete Rolle. Und um die negativen Auswirkungen dieser Konditionierung im Zaum zu halten, werden wir erzogen. Uns werden die Regeln der Gesellschaft und des Zusammenlebens beigebracht, deren Nichtbefolgung unter Strafe stehen. Das nennen wir Zivilisiertheit, ein auf vernünftiger Einsicht beruhendes Verhalten.«
Ernst Adams
Diese Entwicklungen führen dazu, dass wir im Leben mehr „glauben“ (ohne zu wissen). Sie führt uns weg von der eigenen Erfahrung, von der eigenen Gewissheit. Die Fixiertheit auf das Pseudo-Denken, die Betrachtung des Körpers als Objekt macht uns abhängig und dumm.
Keine neue Erkenntnis, sondern bereits bei Aristoteles in seiner Metaphysik zu finden:
»Je nach des Leibes Bestand nimmt zu der Menschen Verständnis.«
Artistoles
Dein Leib bist du
Du bist dein Leib. Es gibt keine Trennung in Körper und Seele (oder Geist). Alles ist miteinander verbunden. Die Diskussion um die Trennung ist ebenso unsinnig wie die Diskussion um dessen Vereinigung. Niemals waren Leib und Seele getrennt, deshalb brauchen sie nicht wiedervereint werden.
Es gibt keine körperlosen Seelen und keine seelenlosen Körper. Leib und Seele sind eins. Um es nochmals zu wiederholen: Du bist alles, was du bist. Du bist Leib und Seele und keiner in der Welt kann dir sagen, was von dir zum Leib gehört und was davon zur Seele.
Dies mag wunderlich klingen. Wo wir doch seit René Descartes (1596 bis 1650) zu wissen glauben, dass es einen Geist-Körper-Dualismus gibt. Ja, wo wir in einer Kultur leben, die den Geist zum Gott erwählt hat und den Körper abwertet und zum Lustobjekt reduziert (aber nur, wenn er die Normerwartungen unserer Kultur erfüllt).
Doch nur weil alle einem Rattenfänger nachlaufen, heißt das nicht, dass dieser den richtigen Weg kennt.
Nimm dich wahr!
Höre auf deinen Leib abzuspalten, ihn als etwas separates von dir zu betrachten. Höre auf ihn abzulehnen und optimieren zu wollen. Höre auf ihn als ein Instrument, etwas materielles zu behandeln.
Genieße dein Leben in deinem Leib, in deiner Leib-Seele-Einheit, in deiner individuellen Ganzheit. Spüre in deinen Leib hinein – ohne zu bewerten. Nimm ihn wahr, beobachte ich. Sei dankbar, über diese wundervolle Leib-Seele-Erfahrung
Einiges zu diesem Thema hier von Buz Luhrmann vertont, Text von Mary Schmich.
Der Text dazu hier (wer mehr darüber lesen will, siehe dieser Link):
»Wear sunscreen.
If I could offer you only one tip for the future, sunscreen would be it. The long-term benefits of sunscreen have been proved by scientists, whereas the rest of my advice has no basis more reliable than my own meandering experience. I will dispense this advice now.
Enjoy the power and beauty of your youth. Oh, never mind. You will not understand the power and beauty of your youth until they’ve faded. But trust me, in 20 years, you’ll look back at photos of yourself and recall in a way you can’t grasp now how much possibility lay before you and how fabulous you really looked. You are not as fat as you imagine.
Don’t worry about the future. Or worry, but know that worrying is as effective as trying to solve an algebra equation by chewing bubble gum. The real troubles in your life are apt to be things that never crossed your worried mind, the kind that blindside you at 4 p.m. on some idle Tuesday.
Do one thing every day that scares you.
Sing.
Don’t be reckless with other people’s hearts. Don’t put up with people who are reckless with yours.
Floss.
Don’t waste your time on jealousy. Sometimes you’re ahead, sometimes you’re behind. The race is long and, in the end, it’s only with yourself.
Remember compliments you receive. Forget the insults. If you succeed in doing this, tell me how.
Keep your old love letters. Throw away your old bank statements.
Stretch.
Don’t feel guilty if you don’t know what you want to do with your life. The most interesting people I know didn’t know at 22 what they wanted to do with their lives. Some of the most interesting 40-year-olds I know still don’t.
Get plenty of calcium. Be kind to your knees. You’ll miss them when they’re gone.
Maybe you’ll marry, maybe you won’t. Maybe you’ll have children, maybe you won’t. Maybe you’ll divorce at 40, maybe you’ll dance the funky chicken on your 75th wedding anniversary. Whatever you do, don’t congratulate yourself too much, or berate yourself either. Your choices are half chance. So are everybody else’s.
Enjoy your body. Use it every way you can. Don’t be afraid of it or of what other people think of it. It’s the greatest instrument you’ll ever own.
Dance, even if you have nowhere to do it but your living room.
Read the directions, even if you don’t follow them.
Do not read beauty magazines. They will only make you feel ugly.
Get to know your parents. You never know when they’ll be gone for good. Be nice to your siblings. They’re your best link to your past and the people most likely to stick with you in the future.
Understand that friends come and go, but with a precious few you should hold on. Work hard to bridge the gaps in geography and lifestyle, because the older you get, the more you need the people who knew you when you were young.
Live in New York City once, but leave before it makes you hard. Live in Northern California once, but leave before it makes you soft. Travel.
Accept certain inalienable truths: Prices will rise. Politicians will philander. You, too, will get old. And when you do, you’ll fantasize that when you were young, prices were reasonable, politicians were noble and children respected their elders.
Respect your elders.
Don’t expect anyone else to support you. Maybe you have a trust fund. Maybe you’ll have a wealthy spouse. But you never know when either one might run out.
Don’t mess too much with your hair or by the time you’re 40 it will look 85.
Be careful whose advice you buy, but be patient with those who supply it. Advice is a form of nostalgia. Dispensing it is a way of fishing the past from the disposal, wiping it off, painting over the ugly parts and recycling it for more than it’s worth.
But trust me on the sunscreen.«
Mary Schmich
Wie im Innen, so im Außen
Wenn du deinen Körper von dir abtrennst, ihn bewertest und verurteilst, so wirst du dies ebenso mit anderen Menschen, mit deinem Umfeld tun. Du wirst diese nach den gleichen Maßstäben beurteilen, verurteilen, abwerten, ausgrenzen, ihnen das Leben schwerer machen – so wie du es mit dir selbst machst.
»Die Beziehung, die wir zu unserem Körper haben, entscheidet darüber, wie wir uns in der Welt zurechtfinden. «
António Rosa Damásio
Zuerst schadest du dir selbst, dann noch deiner Gemeinschaft. Du bestrafst dich doppelt.
»So wie alle Glieder miteinander im Einklang stehen, weil es im Interesse des Ganzen ist, jedes einzelne zu bewahren, so muß man als Mensch jeden einzelnen schonen, weil wir für die Gemeinschaft bestimmt sind; das Wohl des Ganzen beruht darauf, daß die einzelnen Teile liebevolle Rücksicht aufeinander nehmen.«
Lucius Annaeus Seneca
Wie du unterscheiden kannst
Anbei eine kurze Gegenüberstellung, wie sich diese kleine Unterscheidung von Körper haben und Leib-Sein auf dein Leben auswirken kann.
Körper-Haben | Leib-Sein |
Trennung | Eins-Sein |
Denken | Spüren |
Stress | Flow |
Leistungsprinzip | Erfahrungsprinzip |
Angst | Mut |
Masken, Posen | Selbstausdruck |
kontrollierte Emotion | emotionale Vielfalt |
Einzelkämpfer | Gemeinschaft |
Fremdbestimmt | Selbstbestimmt |
Kopf als Meister | Kopf, Herz und Hand |
flache Atmung | verbundene Atmung |
Sinnfrage des Lebens | Freude des Lebens |
wenig Energie | in der eigenen Energie |
Eigeninteresse, Eigennutz | Selbstfürsorge, Gemeinschaftssinn |
unausgeglichen | in seiner (leiblichen) Mitte |
perfekt sein müssen | unperfekt, wie es ist |
entfremdet vom Selbst | Nähe und Selbstmächtigkeit |
Fehler als Ärgernis | Fehler als Normalfall |
hohe Kontrolle | Kontrolle ist eine Illusion |
Unsicherheit als Gefahr | Unsicherheit als Teil des Lebens |
Lieben, wenn es anders wäre | Liebe, wie es ist |
Abschlussfrage
Hast Du einen Körper – ob bist du dein Leib?