Beim ersten Lesen verwirrt der Titel. Wie sollst du dein Leben selbst erfinden, du lebst, dass kann keine Erfindung sein. Doch beim zweiten Lesen fragst du dich, was bedeutet ›dein Leben‹ eigentlich? Was zeichnet es aus? Wie kamst du zu dem, was du heute bist? Wie wurdest du zu dem, der dich heute im Spiegel anschaut?
Fritz B. Simon (Radikale Marktwirtschaft, S. 19) beschreibt die Ausgangslage:
»Die Welt ist ungeheuer komplex, verwirrend und undurchschaubar, die Welt der Wirtschaft ebenso. Jeder Mensch (…) muss sich ein Bild der Wirklichkeit konstruieren, eine Art innerer Landkarte, die ihm sinnvolles Handeln ermöglicht. Der Wert aller Erkenntnisse – der wissenschaftlichen wie der alltäglichen – hängt von den Zwecken und Zielen ab, für die sie gebraucht werden. Dazu muss die Komplexität der Welt reduziert und eine Auswahl aus dem möglichen Wissen getroffen werden, die Orientierung gibt. Dabei geht es nicht allein um die angemessene Quantität von Information, sondern auch um deren Qualität. Nicht Wahrheit ist der Maßstab, an dem sie gemessen wird, sondern Nützlichkeit.«
Der letzte Satz hat es in sich. Nicht Wahrheit entscheidet, sondern Nützlichkeit. Dieses Prinzip wenden viele an, wenn es um ihr Leben geht. Sie fragen (bewusst oder unbewusst), was aus der Vergangenheit und Gegenwart für sie nützlich ist. Diese ›Nützlichkeiten‹ sind der Baustoff für unsere Lebens-Geschichten.
Dies erläutert Max Fritsch:
»Jeder Mensch erfindet sich früher oder später eine Geschichte,
die er, oft unter gewaltigen Opfern,
für sein Leben hält,
oder eine Reihe von Geschichten,
die mit Namen und Daten zu belegen sind,
so dass an ihrer Wirklichkeit, scheint es,
nicht zu zweifeln ist.
Trotzdem ist jede Geschichte,
meine ich, eine Erfindung.«
In vielen Kulturen und Denkansätzen gibt es die gleiche Botschaft: Jeder macht sich die Welt, die er sich machen möchte. Es gibt gute Welten, böse Welten, ungerechte Welten, einsame Welten, fröhliche Welten. Jeder lebt mit seiner Landkarte, in seinen Gedanken. Jeder nimmt das aus seinen Erlebnissen, was seine persönliche Wirklichkeitskonstruktion, sein „Spiel des Lebens“ stützt und bestätigt.
Dein Leben ist das, was du daraus erweckst.
- Welche Geschichten bestimmen dein Leben?
- Wie geht es dir mit deinen Geschichten?
- Wie fühlt es sich in deinem Herzen an, wenn du an deine Geschichten denkst?
- Möchtest du deine Zukunft weiterhin mit diesen Geschichten im Rucksack erleben oder willst du neue Geschichten schreiben, neue Landkarten kennen lernen?