Das Interview mit Johannes Gutmann (Sonnentor) ist eine wahre Fundgrube:
„Nichts ist unter Druck erarbeitet, denn wenn etwas unter Druck entsteht, das verliert man auch unter Druck, das interessiert mich nicht.“
Aus: Info3, Juli-August 2013, S. 13, Interview mit Barbara Chaloupek
Dazu fällt mir der Eintrag mit Gerald Hüther ein (siehe hier) – »Druck + Menschen = Funktionserfüller«.
Unter Druck zu arbeiten erinnert mich an Bulimie-Lernen. Dabei lerne ich auf eine Prüfung, stopfe ein paar Tage vor der Prüfung alles in mich hinein und nach der Prüfung ist alles wieder vergessen (bildlich ausgekotzt beim Feiern danach). Ein Lernen um Credit-Points zu bekommen, einen Schein zu erhalten, eine Note zu erhalten, jedoch kein Lernen für mich, das Lernen verändert mich nicht.
Auf den Punkt gebracht in brandeins 11/2010.
Wer Lernen sagt, meint meistens Auswendiglernen, Reprodu- zieren. Ein guter Schüler und Student ist einer, der den Inhalt lehrergerecht – also eins zu eins – herunterrattert. Was mit tumbem Memorieren beginnt, endet in monotonen Wiederholungs- übungen im Beruf. In seinem Buch „Theorie der Unbildung“ schreibt der Philosoph Konrad Paul Liessmann: „Bei allem, was Menschen heute wis- sen müssen und wissen können, fehlt diesem Wis- sen jede synthetisierende Kraft. Es bleibt, was es sein soll: Stückwerk – rasch herstellbar, schnell anzueignen und leicht wieder zu vergessen.“
Unter Druck zu arbeiten ist sehr instabil. Dabei gibt es den inneren Druck „ich muss …“ oder den äußeren Druck „Wenn Du jetzt nicht endlich, dann …“ oder als Drohung „Wenn Sie das nicht bis Montag fertig haben, dann …“. Wir blockieren uns selbst. Druck erzeugt Gegendruck, Druck erzeugt Angst, Druck schadet dem der ihn ausübt und dem, der unter Druck steht. Ein Verlierer-Verlierer-Spiel, wobei kurzfristig der Druck-Ausübende sich als Gewinner fühlt, doch die Zeit der Rache des unter Druck gesetzten kommt, es kommt alles zurück, wahrscheinlich sogar ein wenig mehr …
Wie will ich mit Menschen zusammen wirken, ist die Grundfrage, die hinter Druck steht. Bin ich bereit die Andersartigkeit des Anderen zu zulassen? Wo ist die Grenze seiner Andersartigkeit? Erkenne ich seine Andersartigkeit? Glaube ich, dass jeder Mensch wirksam sein möchte?
Wie so oft kommt es auf die Grundfrage an – und deine Antwort darauf: Welches Menschenbild habe ich?
Glaube ich grundsätzlich an einen negativen, faulen, trägen Menschen, der immerzu angetrieben und kontrolliert werden muss. Oder glaube ich an einen nach Wirksamkeit strebenden Menschen, der sich selbst motivieren und steuern kann.
Woran glaubst du? Was glaubst du über dich selbst?