Das Verhältnis des Christentums zur Natur ist im Vergleich zu anderen Völkern, Religionen schon seit Beginn distanziert. Thomas Berry beschreibt die Quelle dafür so:
»Bereits in der biblischen Weltsicht, die die Beziehung zwischen Gott und Mensch betont, liegt die Wurzel des Problems, denn sie führt dazu, die Beziehung zwischen Mensch und Erde zu vernachlässigen, und letztlich zu dem begrenzten, aber industriell erfolgreichen mechanistischen Weltbild.
Die Bibel entwickelt eine transzendente, monotheistische Gottheit. Diese Gottheit erschafft zunächst eine äußere Welt. Das ist etwas anderes, als die Welt als natürlichen Ausdruck des göttlichen Prinzips anzusehen. Diese gespaltene Sicht stammt aus der griechischen Denktradition und ist ein Ausdruck für das anthropozentrische Prinzip. Insofern hat die Entfremdung von der natürlichen Umwelt in der Bewußtseinsgeschichte auch eine Wurzel in der Bibel.
Zwar konnte das Christentum diese entfremdende Sichtweise von der natürlichen Welt nicht direkt aus der Bibel ableiten, doch in der Praxis ergabe sich ein argwöhnisches Verhältnis zur Natur: Man hatte den Geboten und den Propheten zu folgen, Gott und den Nächsten zu lieben. Es gibt aber keinen Hinweis für ein enges und achtsames Verhältnis zur Natur oder gar dafür, daß sie einen Eigenwert besitzt.«
So steht in 1. Mose – Kapitel 1:
»Seid fruchtbar und mehrt euch und füllt die Erde und macht sie euch untertan und herrscht über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über alles Getier, das auf Erden kriecht.«
Und so verhalten wir uns auch. Wir vermehren uns, machen Dinge mit Gentechnik so richtig fruchtbar, herrschen über die Tiere in Massenzuchtindustrien und töten alles Getier, das auf Erden kriecht nach und nach.
Abschlussfrage
Vielleicht macht Gott uns einfach eine neue Welt, wenn wir die aktuelle bis auf den letzten Blutstropfen ausgesaugt und verpestet haben?
2 Kommentare
Guten Abend!
Ich habe mir gerade diesen Beitrag durchgelesen und möchte nun etwas loswerden, da ich diese Meinung nicht vertrete und meinen Standpunkt gerne begründen möchte. Meiner Meinung nach gibt es sehr wohl eine Beziehung zwischen Mensch und Natur im christlichen Glauben. Ich möchte nicht bestreiten, was in der erwähnten Bibelstelle verdeutlicht wird. Es ist klar, dass der Mensch über den Tieren steht. Was mich an diesem Beitrag stört, ist, dass nur eine Seite betrachtet wird und nicht das große Ganze. Der Mensch hat von Gott einen Bewahrungsauftrag erhalten, welcher auch in der Bibel steht. Hierbei geht es darum, dass der Mensch die Aufgabe hat die Natur zu wahren und zu schützen. Er steht über den Tieren, damit auch diese von den Menschen Schutz erhalten. Mir ist bewusst, dass dies in der Praxis nicht so läuft wie gewünscht, was aber an uns Menschen liegt. Somit unterstütze ich die Aussage, dass es kein achtsames Verhältnis zur Natur gibt, nicht.
Wir Menschen haben die Möglichkeit frei über unsere Handlungen zu entscheiden und wir haben uns dazu entschieden die Erde kaputt zu machen. Warum sollte uns Gott dann eine neue machen?
Liebe Angelina,
vielen Dank für Deinen Kommentar. Insbesondere für die Begründung deiner anderen Perspektive auf das Thema. Solche Beiträge bräuchte es noch mehr in dieser Welt. Unterschiedliche Perspektiven, Ansichten, Weltbilder – die nebeneinander existieren können, dürfen, müssen.
An einen Bewahrungsauftrag glaube ich nicht und ich will begründen warum. Sie enthebt den Menschen aus der Natur in eine „gottähnliche“ Stellung, der Mensch als der Gott der Erde, der hier nach dem Rechten schaut. Für mich ist der Mensch ein Teil der Natur, und dieser nicht enthoben. Er ist auch nicht in der Lage, die Komplexität der Natur zu steuern oder zu bewahren. Er kann jedoch sein Handeln danach ausrichten, dass er sich seines Handelns und dessen mögliche (er kann es nicht wissen) Folgen bewußt ist. Andere Völker denken bei ihren Handlung an die Folgen in 7. Generationen. Wir denken nicht mal an die Folgen in 7 Jahren.
Ich teile Deine Ansicht eines achtsames Verhältnis zur Natur. Achtsamkeit im Umgang mit mir selbst, mit anderen, mit Tieren, mit Gegenständen, mit der Natur. In dem Bewusstsein, dass wir ein Teil der Natur sind – und jeder Teil trägt seine Verantwortung für das Große und Ganze.
Ich biete monatlich sokratische Gespräche (aktuell Online) zu unterschiedlichen Themen an, wenn Du Interesse daran hast, schreibe mir gerne 🙂